Kolumne

Geile Liebe!

„Geil“ und „Liebe“ sind zwei Wörter, die nur im Asi-Jargon aufeinander folgend eine semantische Bedeutung ergeben und zwar im Sinne von „Voll verliebt, ey“. Doch der hochdeutsche Konsument käme wohl eher nicht auf die Idee diese gegensätzlichen Begriffe im selben Kontext zu verwenden. Denn ob man noch geil oder schon verliebt ist, macht im menschlichen Paarungsverhalten einen wesentlichen Unterschied aus. Wer nur geil ist, hat in der Regel viel weniger Hemmungen seinem potentiellem Sexualpartner zu begegnen, als jemand, der echte Gefühle investieren möchte.
Quasi: Anspruch minimieren, Nichts riskieren!

Zumindest anfänglich betrachtet mag zutreffen, dass reine äußerliche Anziehung vor innerer Anfälligkeit schützt. Doch wenn die Geilheit sich auch nach einem längeren Zeitraum auf einen Menschen beschränkt, kann das entweder als echte Zuneigung gewertet werden oder auf einen hartnäckigen Jäger hinweisen. Denn es ist eben nicht auszuschließen, dass ein guter Liebhaber auch gut zum Liebhaben ist. Ob die Unverfänglichkeit einer Bettgeschichte gegen das Drama gemeinsamer Bettwäsche eingetauscht werden sollen, stellt daher nicht wenige vor ein Dilemma.

Kann eine Relation, die klar unter der Gürtellinie begann darüber hinaus weiterführen? So betrachtet gibt es zwischen „Geil“ und „Liebe“ mehr Nähe als es der eigentliche Sprachgebrauch tatsächlich zulässt.

Was man selber zumal wirklich fühlt, ist nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen. Ist man noch mit alten Wunden beschäftigt, beruflich zu sehr eingespannt oder in einer lieblosen Beziehung verstrickt, kann sich hinter dem Wunsch nach „geilen“ Erfahrungen unbewusst der Drang zu echter Intimität verbergen. Wer sich allerdings täglich selbst was vormacht, wird sich wohl auch länger mit weniger statt mehr zufrieden geben.

Und dann gibt es da noch jene Exemplare, die ahnen, was sie wollen und genau wissen, was sie nicht wollen. Doch auch der selbstverliebteste Egoman kann auf Dauer keine emotionale Durststrecke überwinden ohne wenigstens ab und an körperliche Nähe zu erfahren. Primitive Kleinhirnexzesse schließen geistige Glanzleistungen eben nicht aus.

So widersprüchlich Geilheits- und Liebes-Gefühle auch sind, bei einigen fängt die Liebe mit der Geilheit an und bei anderen endet die Geilheit mit der Liebe.

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Klaudija Paunovic

Hier schreibe ich mit Herzblut über alle Themen, die mich interessieren. Schon als Jugendliche schrieb ich für die Schülerzeitung. Es folgte die freie Mitarbeit bei Tageszeitungen wie Express und Rheinische Post. Und auch heute noch fröhne ich meiner Schreibleidenschaft auf diesem Blog. Wenn du mehr über mich erfahren möchtest, gibt es hier noch mehr Infos: »Mehr über mich«

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