Kolumne

Langeweile

Langeweile
Was tun gegen Langeweile? Wer sich zu lange langweilt, ist zu faul, um noch was dran zu ändern.

Ich sitze rum. Nein, das ist jetzt kein Satz mit verstecktem Sinninhalt, sondern eine Tatsache. Wenn man es genau betrachtet, drücken diese drei einfachen Worte kurz und prägnant meine momentane Lage aus. Das Schlimme daran ist, was vielleicht als Nebensatz hätte erwähnt werden sollen, daß ich nicht befugt bin einzugreifen, also sozusagen verdammt dazu bin meine vier Buchstaben unberührt zu lassen.

Wie es im Leben häufig vorkommt, gehen tragischen Situationen zumeist ebenso schicksalsträchtige Ereignisse voraus. In diesem unbedarften Fall ist eine anstrengende Arbeitswoche inklusive Überstunden und ungeliebten Aufgaben Schuld an dem Dilemma, daß der normale Arbeitsbetrieb zum Schäferstündchen verkommt.

Aber Halt! Das klingt doch nach expressiven Möglichkeiten, als da wären Firmenfinanzierte Privatgespräche, HHNE-aufbessernde Ebay-auktionen, salzige Chatrooms, Kostenlos.de-Recherchen, und und und An für sich eine nicht zu verachtende Gelegenheit, wäre da nicht das innere Bedrängnis sich in stillen Momenten leise Fragen zum Sein und Sinn(bzw. Unsinn) zu stellen. Plötzlich erhebt sich das Gemüt aus geistiger Umnachtung und man glaubt den Durchblick wie Nachbarssohn Rick in American Beauty zu haben, der im Banalen die Philosophie des Zweiten Jahrtausends neu erfindet.

Wenn man allerdings an diesem Punkt angelangt ist, gibt es kein zurück mehr zur Zufriedenheit, bzw. stupiden Dankbarkeit des Seins. Im Gegenteil- die Löcher, die man sich selbstverstümmelungsaffin in den Bauch fragt, fangen an zu schmerzen. Meiner Wenigkeit gelingt in solchen Augenblicken nicht die Ablenkung mit der verdammt realistischen Begründung, daß schliefllich nicht jeden Tag Montag sein kann.

Eine Melancholie, die ursprünglich aus Zeitüberdruß entstand, hat sich jäh in eine Arbeits-Beschäftigungs-Maßnahme verwandelt, die übermächtig in die Gedanken- und Handlungskraft einwirkt. Selbst nach 18Uhr, wo sich die Fesseln der Tastatur langsam lockern, bestimmt die Determination der sich schuldig gebliebenen Antworten den Abend.

So wie die Pobacken nach 28.800 Sekunden anstrengendem Sitzen nicht direkt ihre Form zurückfinden, werden meine Augen noch etliche Augenblicke benötigen, um wieder die Freiheit und Schönheit des Feierabends zu erkennen.

11.11.03

Show More

Klaudija Paunovic

Hier schreibe ich mit Herzblut über alle Themen, die mich interessieren. Schon als Jugendliche schrieb ich für die Schülerzeitung. Es folgte die freie Mitarbeit bei Tageszeitungen wie Express und Rheinische Post. Und auch heute noch fröhne ich meiner Schreibleidenschaft auf diesem Blog. Wenn du mehr über mich erfahren möchtest, gibt es hier noch mehr Infos: »Mehr über mich«

Related Articles

Back to top button