Kolumne

Ally McBeal

Ally McBeal- ein Phänomen im deutschen Fernseher. Nun gut, da mögen sich die Geister scheiden, aber dennoch ist sie in aller Munde. Warum eigentlich? Was hat sie, was andere Fernsehsoaps nicht mal annähernd so interessant macht, mit Ausnahme von Jessica Sarah Parker´s „Sex&City“. Liegt es vielleicht an ihrem knuddeligen Aussehen und der Mimikpalette, mit der sie jeden Gedanken sichtbar über die Lippen bringt?

Wohl kaum, denn da wäre der abgemagerte Körper, der eine Identifizierung Allys mit ihrem Äußeren auf die 0815-Frau kaum zuläßt. Also muß es noch etwas anderes geben, das trotz ihrer total verkorksten Anwaltskarierre Sympathien bei den Zuschauerinnen hervorbringt, die bis ins Unermeßliche reichen. Ally liegt ständig im Clinch mit den Männern – heiß begehrt will sie doch immer nur den, der sie nicht will. Und sollte es mal beidseitig sein, so sind ihre Romanzen stets von kurzer Dauer geprägt. Mal entpuppt sich ihr Lover als Ehemann der Klientin, Mal ist es der jüngere Exfreund einer Kollegin, der sich am Ende wieder für die erstere entscheidet, ein ander Mal eine Frau und dann doch wieder ein Mann, der nicht küssen kann oder vor ihr mit einer anderen beschäftigt ist. Lappalien halt, die einer Anfang Dreißigerin dennoch ernsthafte Sorgen bereiten nie DEN Mann inklusive Familie und anderem Streß erleben zu dürfen.

Arme Ally, oder beneidenswerte Glückselige? Bis in alle Ewigkeit verdammt zu sein ein Singledasein dahinzufristen wird bei dem einen oder anderen Fan Mitleid erregen und genau in dem Moment die Erkenntnis hervorrufen „Ah, Gott sei Dank, gehts mir besser“. Der größere Teil jedoch, nämlich der, den es ähnlich hart aber lustig getroffen hat, wird sich nicht mehr so allein fühlen. Und damit hat man es auf den Punkt getroffen: Das Ally McBeal-Syndrom- Einsames Herz sucht Sinn und Bestätigung für sein Leben- eine Rechtfertigung, so sein zu dürfen, wie man es früher zu Mutters Zeiten halt nicht war- genauer gesagt: allein. Natürlich kann man ebenfalls mit Partner durchaus einsam sein, man denke da nur an Beispiele aus seinem Bekanntenkreis, die sicherlich jeder vorzuweisen hat. Kein Wunder, daß auf den sogenannten Allypartys die Ladys Schlange stehen, um auf Barry White respektive sehnsuchtsvollem Kitsch Energie zu verbrauchen. Die paar Männer, die sich hier hintrauen, haben gute Chancen mindestens bei einer Frau den Held der Nacht zu landen. Und die wirklich männlichen Allyfans müssen erkennen, daß es wie im unrealen Leben der beste Freund nie ins Bett der Angebeteten schafft, siehe Anwaltskollege John Cage.

Im Grunde ist es ihre verrückt liebenswerte Art, mit der sie allen Problemen begegnet und dabei nie ihre Leichtigkeit und Naivität verliert. Sie traut sich das zu tun, was vielen Menschen schwer fällt- nämlich Ehrlichkeit über den Stolz zu setzen. Bewunderung darüber, wie sie sich aus den unmöglichsten Wortsalaten herauswindet. Respekt, wenn sie einem Unbekannten in die Augen schaut und wie in einem klassischen freudschen Versprecher als erstes fragt, ob er verheiratet sei. Genugtuung, wenn sie endlich wieder in einer ihrer zahlreichen Affären Glück findet. Zerbrechlich, zart und kindlich, so ungefähr schaut sie aus. Das was viele im Inneren fühlen, trägt sie stolz zur Schau. Hinter ihrer unglaublichen Energiewolke steckt das Herz einer jeden Frau der Milleniumgeneration.

Ally Mc Beal- ein Stück von dir ist auch in mir.

23.08.02

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Klaudija Paunovic

Hier schreibe ich mit Herzblut über alle Themen, die mich interessieren. Schon als Jugendliche schrieb ich für die Schülerzeitung. Es folgte die freie Mitarbeit bei Tageszeitungen wie Express und Rheinische Post. Und auch heute noch fröhne ich meiner Schreibleidenschaft auf diesem Blog. Wenn du mehr über mich erfahren möchtest, gibt es hier noch mehr Infos: »Mehr über mich«

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