Single Bells – so schön kann Weihnachten allein zuhaus sein
Schon von Kindesbeinen an wird jedem von uns eingetrichtert „Weihnachten ist was gaaanz Besonderes“. Und damit wir die Ankunft Jesus Christus, Pardon, zahlreicher Geschenke auch ganz gewiss nicht vergessen, wurden wir über Jahrzente lang zum Jahresende hin von 24 Schokoladen-Täfelchen an dieses Großereignis einnert, mit dem Ergebnis, dass nicht nur der Weihnachtsmann im Anschluss sein Nervenkostüm verliert. 20% aller Paare fallen dem Delirium überdimensionaler Erwartungshaltung zum Opfer und trennen sich.
Und ich will gar nicht wissen, wie viele VOR dem heiligen Fest schon das Handtuch werfen, wenn über geeignete Gaben für Tante Erna, Onkel Heinz und co. diskutiert wird. Ebenso interessant wäre zu erfahren, wie hoch der Anteil der Beziehungen ist, die gar WÄHREND der Bescherung scheitern.
Doch neben der Qual der Präsentewahl stehen diverse andere Verpflichtungen auf dem Programm, die das Weihnachtsfest für Otto-Normalverbraucher erst zu dem vollkommenen Erlebnis gestalten, wie dieser es vom Fernseher her kennt.
So spielt der Ort des Geschehens, also wo man Heiligabend und die Feiertage verbringen will, eine entscheidende Rolle. Tritt man selbst als Gastgeber auf, gilt es nämlich nebst Besorgung von Weihnachtstanne, Christbaumkugeln und co., ebenso Fragen, wie „Gibt es genug Platz im Kühlschrank für die Weihnachtsgans?“, „Überlebt Oma die Schlafcouch?“ oder „Wie übersteht man selbst die Besserwisserei seiner (Schwieger-)Eltern?“ zu klären.
Aber auch anderswo nötigt einem die alle Jahre wieder stattfindende Zwangszusammenführung schauspielerischer Höchstleistung ab, wenn es darum geht nicht jeden in den Spiegel enttäuschter Erwartungen blicken zu lassen. Wem das angetackerte Lächeln zu anstrengend ist, der sollte lieber gleich Murphys Gesetz zum persönlichen Credo ernennen. Denn je detaillierter das Weihnachtsfest durchchoreografiert ist, umso wahrscheinlicher geschehen noch Wunder in Form von unvorgehesenen Katastrophen.
Ob Weihnachtsfeier, Glühweinverkostung oder„Hot Nikolaus“-Fete, es scheint kein Zufall zu sein, dass in Zeiten von Pleiten, Pech und Pannen die meisten (Sauf-)Partys stattfinden. Der Alkoholkonsum der Deutschen soll im Dezember gar um 36% höher liegen als das sonst der Fall ist. Trinkwütige Single-Ladies profitieren jetzt besonders von der allgemein vorherrschenden Großzügigkeit: Die Wartezeit auf eine Einladung zum Drink war noch nie so kurz!
Wer Weihnachten allein zuhaus verbringt, darf sich also nicht nur auf das perfekte Präsent unterm Tannenbaum freuen (Schenken heißt, sich selbst das geben, was man selber behalten möchte), sondern auch darauf im Blockbuster-Finale allein die Herrschaft über die Fernbedienung inne zu halten. Und figurbewussten Junggessellen bleibt beim Verzicht des obligatorischen 5-Gänge-Menüs in Gesellschaft immerhin das schlechte Gewissen der im Anschluss folgenden Weihnachtsdiät erspart.
Na, dann wollen wir uns mal gemeinsam auf die schönste Zeit des Jahres einstimmen: Single Bells, Single Bells, Single all the Weihnacht…;)
Übrigens gibt es eine weitere Kolumne von mir zu diesem Thema aus dem Jahre 2002 zu entdecken:
Quellen für die statistischen Werte: