Vom Kommen und Gehen
Wer sich plötzlich in absoluter Glückseligkeit verliert, ganz so, als ob das Licht am Ende des Tunnels erkennbar wird, der spürt es genau- das Kommen. Dauergrinsen, Schütteln, Seufzen und vor allem Gedankenlosigkeit lassen die Schönste Sache der Welt wenigstens für einige Sekunden zur Entspanntesten Lage des Universums mutieren.
Doch belastet nicht wenige anschließend dieselbe Ratlosigkeit, die uns unverhohlen während der Werbeunterbrechung von „Alien-Die Wiedergeburt“ an den Sessel knebelt. Entweder man glaubt auf der Toilette einem Monster zu begegnen oder, noch schlimmer, es wird womöglich eine Filmsequenz verpasst.
Apropos Schrecken. Nachdem einen die Realität wieder eingeholt hat, woran nicht zuletzt ein harmloses Klicken am Lichtschalter Schuld sein kann, gibt es kein zurück mehr. Die Lust ist verpufft, der letzte Funken soziale Kompetenz weicht dem egoistischen Gefühl, bloß keine Gegenleistung vollbringen zu müssen. Ob man es dann trotzdem tut oder nicht, hängt vor allem von der zwischenmenschlichen Beziehung ab. Fragen a la „War es nur das eine, was ich wollte?“, „Steckt mehr dahinter?“ oder „Bin ich gar verliebt?“ geben Aufschluß über das weitere Handeln des Individuums, denn wer liebt (oder besser > Sympathie), der gibt.
Ein anderes Problem, das vor allem dem weiblichen Geschlecht nachgesagt wird, ist die Unfähigkeit in den Fingerfertigkeiten des Gegenparts aufzugehen. Vielleicht würde sich das ändern, wenn endlich der zukünftige Bestseller in Form einer Bedienungsanleitung auf den Markt kommen (im wahrsten Sinne des Wortes!) würde. Viele Frauen beteuern dennoch, es sei nicht von Nöten in Paradies-ähnlichen Wellen zu schwimmen, wenn einen nur die salzige Meeresbrise in der Nase kitzelt.
Natürlich ist diese Einstellung geschlechterübergreifend vorzufinden, und schließlich ist es jedem selbst überlassen, wie er seinen ganz persönlichen Höhepunkt definiert. Aber was tun bei übereiltem sexuellen Kontakt, der nur auf übermäßigen Drogenkonsum oder anderen luststeigernden Kompetenzen zurückzuführen ist?
Hierbei sollte man sein Bauchgefühl ernst nehmen. Erscheint der andere wie vom anderen Stern (am besten mit entsprechend außerirdischem Äußeren) heißt es flugs reißaus zu nehmen. Ansonsten kann es einem wie Ridley Scott ergehen, die zeitlebens von den zierlichen Wesen mit dem ausfahrbaren Gebiss verfolgt wird. Bei Sympathie dritten Grades darf man sich sogar ohne Gewissensbisse ruhig ein Schäferstündchen nebst lebender Heizung genehmigen.
Selbst wenn eine Stundenlange Abhandlung über die Verschiebung der Sternzeichensymbole in Galaktischen Dimensionen erfolgt, kann jedoch niemand leugnen, daß eine unwiderrufliche Verbindung zwischen dem Kommen und dem Gehen besteht.
Einzig der zeitliche Abstand zwischen dem Ausführen dieser Tätigkeiten behält eine gewisse Relevanz. Pflichtveranstaltungen, wie Arbeit, Hotel Mama oder sonstige unvermeidbare Verabredungen, werden in dieser Summierung außer Acht gelassen oder anders ausgedrückt: Wer um 9 Uhr zur Arbeit muß, aber schon um 6Uhr die Kurve kratzt, drückt eine andere Botschaft aus als derjenige, der sich erst um Viertel vor losreißt, um möglichst viele Busserl abstauben zu dürfen. Nicht selten kommt es vor, daß hierbei ein in den Genen gelegtes Suchtpotential zu Verwechslungen mit Verliebtheit führt.
Und wenn wir dann mal endlich gegangen sind, dann wissen wir genau, daß die beiden Verbien im Grunde dieselbe seltsame Symbiose wie Licht und Schatten verbindet.
12.11.03