Massensterben der Weihnachtsbäume: Alternativen zum Tannenbaum-to-go
Historischer Rückblick: Woher kommt der Weihnachtsbaum?
Der Brauch des geschmückten Tannenbaums zur Weihnachtszeit ist einer der größten deutschen Exportschlager des 19. Jahrhunderts. Begonnen hat alles im Mittelalter vor der Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, als man am 24. Dezember noch Adam und Eva statt dem Christkind gedachte. Und wie hätte man den beiden besser huldigen können als mit einem Baum, der mit Äpfeln behangen ist?
Nachdem die Kirche vor knapp 600 Jahren den 24. Dezember zur Geburtsstunde Jesu Christi erkärt hat, wurde des Brauch des geschmückten „Paradiesbaumes“ beibehalten. Die älteste schriftliche Überlieferung eines echten Weihnachtsbaums stammt aus dem Jahr 1527!
Der Weihnachtsbaum und seine Bedeutung heute
Noch heute verbinden 78% der Deutschen mit Weihnachten einen Tannenbaum, dicht gefolgt von Geschenken mit 71%. Christlicher Feiertag (53%), Geburt Jesu Christi (41%) oder Kirchgang (33%) hingegen, belegen die inflationäre Wahrnehumg der religiösen Bedeutung.
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Um dieser enormen Anfrage an Weihnachtsbäumen gerecht zu werden, werden jährlich 24 bis 25 Millionen Tannen im Alter von acht bis zwölf Jahren „geerntet“. NRW produziert auf einer Fläche von 18.000 Hektar die meisten Weihnachtsbäumchen in Deutschland. Während eine Millionen Tannen exportiert werden, hauptsächlich in die Schweiz, Frankreich, Österreich und Polen, werden sage und schreibe vier Millionen Bäume aus Dänemark importiert.
Genug von den Statistiken, zurück zu der traurigen Tatsache, dass kaum ein Baum Weihnachten überlebt. Ich erinnere mich noch gut daran zurück, wie ich als Kind zum ersten Mal das Märchen „Der Tannenbaum“ von Hans Christian Anderson hörte. Die grausame Abholzung („Die Axt traf tief hinein durch das Mark, der Baum fiel mit einem Seufzer hin zur Erde, er fühlte einen Schmerz, eine Ohnmacht, er konnte gar nicht an irgendein Glück denken;„), das nutzlose Dasein als Christbaum („[…], keiner sah den Baum an, außer dem alten Kindermädchen, das hinging und zwischen die Zweige guckte, aber das war nur, um zu sehen, ob nicht noch eine Feige oder ein Apfel vergessen war.“) und seine schmerzhafte Verarbeitung zu Brennholz, berühren mich noch heute beim Lesen dieser Geschichte.
Aber muss das „Fest der Liebe“ im Januar mit dem Tannenbaum-to-go am Straßenrand enden? Kann man dem Lebewesen, das tage oder gar wochenlang mit Kugeln, Lametta und Lichterketten behangen in einem stickigen Raum einzig und allein zu unserem egoistischem Ritual ausgeharrt hat, nicht auch etwas zurück geben?
Alternativen zum Weihnachtsbaum-to-go
Wer will, der kann! Richtig gepflegt übersteht eine Tanne im Topf die Weihnachtszeit problemlos und lässt sich im Anschluss z.B. im Garten oder beim Guerilla Gardening (Verschönerung der Innenstadt durch Begrünung brachliegender Flächen) einsetzen. Wer keine Lust zu Schaufeln hat, der kann sich ein Mini-Tännchen auf die Fensterbank stellen, wo es im Idealfall sogar mehrere Weihnachtsfeste überdauert.
Oder wie wär’s mit einem Weihnachtsbaum-to-rent? Das dachten sich die findigen Gründer Jan Wehmeyer und Sebastian Schönefeld des Düsseldorfer Unternehmens Happytree.de: „Wir sehen nicht ein, dass ein Baum für zehn Zage abgehackt wird, der vorher acht Jahre lang gewachsen ist und dann weggeschmissen wird.“
Auf ihrer Internetseite werden Tannen zwischen 1,25 – 2,25 m zum Preis von 65 – 80 Euro angeboten inkl. Lieferung und Abholung im Raum Düsseldorf und Köln. Einziger Wermutstropfen: Da sich die Tannen vom Weihnachtsfest 2015 noch nicht erholt hatten, gab es vergangene Weihnacht weder Tanneliese, Waldemar, Baumgard noch Thorwald, wie die unterschiedlichen Baumgrößen passenderweise bezeichnet werden, zu mieten. In diesem Jahr dürfte allerdings nichts mehr im Wege stehen, um den nachhaltigen Service von Happytree zu nutzen.
Zum Schluss: Von einer Plastiktanne würde ich dringend abraten, steht doch deren Energieeinsatz zur Produktion und Entsorgung in keinem Verhältnis zur Energiebilanz eines echten Tannenbaums.
Und vielleicht heißt es dann bald auch nach Weihnachten endlich „Oh Tannenbaum, wie treu sind deine Blätter!“