Große Vielfalt, weniger Chancen? Ergebnisse zur aktuellen Studie „Bildung, Milieu & Migration“
Als mich vor einem halben Jahr mein ehemaliger Professor der Heinrich-Heine-Universität Heiner Barz fragte, ob ich an einer aktuellen Studie zum Thema „Bildung, Milieu und Migration“ mitmachen wollte, sagte ich kurzentschlossen zu. Wenige Tage später traf Katrin Cünkü bei mir zuhause ein, um meine Erfahrungen als Mensch mit Migrationshintergrund im Video-Interview aufzuzeichnen. Danach hörte ich lange Zeit nichts mehr von der Untersuchung, die in Zusammenarbeit mit der Mercator und Vodafone Stiftung durchgeführt wurde. Bis vor einem Monat…
…denn dann rief plötzlich mein Professor an und lud meine Mutter und mich zur offiziellen Pressekonferenz nach Berlin ein, in dessen Verlauf auch mein Video-Portrait vorgestellt würde.
httpv://www.youtube.com/watch?v=NiLdF59EbsA
Das Video-Interview zur Studie wurde am erst am Tag der Pressekonferenz veröffentlicht
Große Vielfalt, weniger Chancen – die Pressekonferenz zur Studie „Bildung, Milieu & Migration“
Am 24.04. war es endlich soweit. Im Haus der Bundespressekonferenz wurden die Ergebnisse der über zwei Jahre andauernden Studie präsentiert. Mehr als 1.700 Telefon-Interviews und 120 Einzelbefragungen haben dazu beigetragen ein Gesellschaftsmodell der sogenannten Sinus-Milieus für Menschen mit Migrationshintergrund zu entwickeln. Dabei handelt es sich um alle Zielgruppen, in die sich diese gesellschaftliche Gruppe unterscheiden lässt.
Katharina Tesmer (Marcator Stiftung), Dr. Marc Speich (Vodafone Stiftung), Prof. Dr. Heiner Barz und Mostapha Bouklloua (Landeskoordinator des Netzwerkes „Lehrer mit Zuwanderungsgeschichte“) waren sich einig: Es mangelt an interkulturellen Bildungsmöglichkeiten für Menschen mit Migrationshintergrund.
„Unsere Kinder sollen´s mal besser haben“ und „Bildung ist der wichtigste Schlüssel für ein gelungenes Leben“ gehören zu den wichtigsten Wertvorstellungen eingewanderter Menschen, erzählt Prof. Barz. Diesen „Bildungsoptimismus“ heißt es aufzugreifen, um „mit und nicht gegen die Eltern„, so Dr. Speich eine Verbesserung bewirken zu können. Demnach gilt: Je früher die Eltern bei der Bildung eingebunden werden, umso besser gelingt der Bildungsweg.
Doch wie erreicht man dies konkret? Mit Flyern und Broschüren wohl kaum, hat die Untersuchung gezeigt. Vielmehr bedürfe es einer interkulturellen Öffnung der Schulen, um spezielle Informationsangebote für Eltern mit Migrationshintergrund zu bieten. Mostapha Bouklloua:“ Vielfalt ist Realität, aber nicht im Lehrerzimmer„. Der Landeskoordinator schlägt vor mehr Lehrer mit Migrationshintergrund einzustellen, um den Alltag in der Schulwelt wiederzugeben. Denn nur 5% der Lehrkräfte sind deutsch, während in NRW teilweise 50-70% der Kinder innerhab einer Schulklasse ausländischer Herkunft sind. Sprachsensitiver Unterricht, bei dem die Vermittlung und Förderung der Sprachkompetenz im Mittelpunkt steht, ist aber nicht nur für Kinder mit Migrationshintergrund geeignet, sondern ebenso sinnvoll für sozio-ökonomisch benachteiligte Kinder deutschen Ursprungs. Bouklloua fordert von den Lehrern „einfach mal in die Moschee nebenan zu gehen„, um Eltern zu erreichen. Denn schließlich verteilen Lehrer „Bildungschancen“ – eine Verantwortung, die sie nicht auf die leichte Schulter nehmen sollten. „Als ich ein Kind war, wollten mich die Lehrer zur Hauptschule schicken. Meine Mutter hat aber dafür gekämpft, dass ich auf die Realschule kam„, erinnert sich der engagierte Lehrer mit marokkanischen Wurzeln.
In Zukunft ist ein Praxis-Pilot-Projekt geplant, dass die Erstellung eines Elternportals sowie Fortbildungsmöglichkeiten für Lehrer vorsieht.
Als Ergänzung dazu setzt die Stiftung Zuhören bereits in der Kita mit der niedlichen Handpuppe Lilo Lausch an. Frau Simone Groos erklärt mir, dass auf diese Weise Kinder, Eltern, Erzieherinnen und Erzieher zusammen gebracht werden, um Sprachspiele, Hörrätsel und vielsprachige Hörstücke zu produzieren.
Quellenverzeichnis