„Sonntags ist das beste Publikum“, begrüßte Heribert Klein die Gäste zum Abschlußkonzert der Unicef-Veranstaltung in der Hildener Stadthalle. Und der ehemalige Pressesprecher der Commerzbank muss es wissen. Schließlich hat er selbst das Event vor 36 Jahren ins Leben gerufen!
„Mein Traum war es damals Künstler aus aller Welt in die Hauptstadt der Herzen zu holen“, erklärte er die einstige Motivation, die längst zur Wirklichkeit geworden ist.
„Das geht aber nur mit starken Partner,“ weiß Klein, der seinen früheren Arbeitgeber mit folgenden Worten vom Sponsoring überzeugte: „Es werden danach keine hundert neuen Konten eröffnet werden. Aber ein Unternehmen muss eine karitativ-kulturelle Ausrichtung haben.“
Bürgermeisterin Birgit Alkenings, die in einer roten Traumrobe erschien, zeigte sich stolz über das Event in ihrer Stadt.
„Ich wünsche mir, dass wir uns auch im nächsten Jahr alle wieder in Hilden treffen können“, gab sie dem Niederlassungsleiter der Commerzbank Jens Koschik zu verstehen, der daraufhin prompt antwortete: „Ich bin optimistisch für das nächste Jahr. Gesellschaftliches Engagement ist Teil unserer Firmenkultur.“
Bevor das eigentliche Konzert los ging, folgte noch eine Spendenübergabe privater Unternehmen in Höhe von knapp 380.000 Euro (davon allein 315.267 Euro von den Keramikscheunen in Rees und Ratingen), die feierlich von Annemarie Lütkes vom Unicef-Vorstand entgegen genommen wurden.
Nachdem die Einnahmen im letzten Jahr Syrien zugute kamen (leider konnte keine Entwarnung gegeben werden: „Nach 7 Jahren Krieg geht es der Zivilbevölkerung furchtbar. Die Menschen haben keine Kleidung, Decken oder warmes Essen. Nach wie vor ist jede Hilfe dringeng notwendig.“), steht 2017 Afrika im Zentrum des Kinderhilfswerks, wo eine Dürreperiode den südlichen Teil des Kontinents schwer gebeutelt hat. „Vor dem Recht auf Bildung, muss das Recht auf Existenz durchgesetzt werden,“ erklärte Lütkes. 6.000 Euro kostet ein Brunnen und 100 Euro sind nötig, um 300 Kinder mit Erdnusspaste am Leben zu erhalten.
„Ob 1 Euro eines Kindes, oder 10.000 Euro eines Industriellen, Unicef muss immer eine Frage des Herzens und niemals eine Frage des Geldes sein“, schloss Klein ab, bevor es zum musikalischen Teil überging.
Nach der traditionellen Begrüßung durch das Bundesfanfarenkorps Neuss-Furth 1952 e.V., traten jeweils die drei „The voice kids“-Kandidaten Chiara Schorghöfer aus Österreich, Matteo Colella aus Italien und Marie-Sophie Keßler aus Deutschland an. Zuguterletzt sangen die Kinderstars spontan im Trio „Halleluja“. Es folgte die erste von vielen Standing Ovations an diesem Abend.
Die weiteste Anreise hatte Stephanie Reese mit 14 Stunden Flugzeit für 16.000 km aus Manila. Die Hauptdarstellerin aus „Miss Saigon“, „Glöckner von Notre Dame“ und „Marco Polo“, leitete den Musical-Teil mit Barbara Streisands Hit „As if we never said Goodbye ein“. Danach folgte Cats-Frontfrau Sophia Ragavelas mit der Titelmelodie „Memory“, bevor die beiden ein herzzereißendes Duett aus Miss Saigon – „I still believe“ – wiedergaben.
Dennis A. Legree, der zurzeit mit „Dirty Dancing“ durch Europa tourt, gab „Unchained Melody“ zum Besten wieder. Mein persönliches Highlight stellte Zodwa Selele mit „I will always love you“ dar, wo sie dem Original gefährlich nahe kam. Entdeckt wurde das Talent aus Südafrika übrigens von Whoopi Goldberg, die sie unter 15.000 Bewerbungen als Hauptdarstellerin für das Musical „Sister Act“ auswählte. Wer mehr von der bezaubernden Sängerin erleben möchte, kann sie aktuell in Stuttgart in „Bodyguard“ erleben.
Nach einer halbstündigen Pause und Ziehung der Tombola mit großartigen Preise wie u.a. 7-Tage-Urlaub in Filzmoos, Armbanduhr von Glashütte Union oder einem Niki Fluggutschein für 2 Personen, ging es zum Jazz-Teil über. Grandios eröffnete der Soulman aus Chicago David A. Tobin die Bühne mit „She’s fresh“. Und auch the Queen of Soul Juanita Harris tat der Stimmung mit Hits wie „Respect“ und „I will survice“ keinen Abbruch.
Dann folgte die wohl außergewöhnlichste Stimme der Veranstaltung.
„Jazzkenner sagen, sie haben noch nie jemanden mit dieser Bandbreite gehört“, stellte Klein das Talent aus Memphis vor. Eric Reed raubte den Zuschauern mit seiner gefühlvollen Interpretation von „You are so beautiful“ und „Summertime“ den Atem und erhielt einen nicht enden wollenden Applaus.
„O mio babbino caro“, „Casta diva“ oder „Flower Duett“ – die zwei Sopranistinnen Anke Krabbe (Deutsche Oper am Rhein)und Betsy Horne (Beste Wagner Stimme 2009) sowie Mezzosopranistin Bonita Hyman (Metropolitan Opera New York) begeisterten mit Welthits im Klassik-Bereich, wobei letztere zusätzlich bewies, dass auch moderne Stücke wie „Somewhere over the rainbow“ klassisch interpretiert fantastisch klingen.
Nachdem der Tenor Ricardo Tamura im Herbst eine Gehirnblutung erlitten hatte, war der Serbe Zoran Todorovich als Ersatzmann eingesprungen. Nun war dieser krank, doch dafür Tamura nach zwei Monaten Reha wieder gesund. So konnte der Brasilianer persönlich im Trio mit den anderen beiden Tenören Eduardo Aladren aus Spanien und Brian Lopez Gonzales aus Kuba (war für den ebenfalls erkrankten Tenor Gianluca Terranova eingesprungen) gleich zwei Klassiker vortragen: „Nessun dorma“ und „O sole mio“.
Doch was wäre der Gesang ohne Hintergrundmusik? Musicaldirektor am Grand Musical Theatre in Paris John Florencio, der Direktor der Deutschen Oper am Rhein Stephen Harrison und das Musikgenie Robert Vuchinger sorgten abwechselnd am Flügel für erstklassige Begleitung, während Willy Ketzer (Drums), Gregor Hilden (Gitarre) und Wolfgang Roggenkamp (Hammond Orgel) poppigeren Sound untermalten. Der Saxofonist Sir Waldo Weathers, der 15 Jahre Mitglied in der legendären James Brown Band gewesen ist, überraschte mit einer erstklassigen Gesangseinlage von „Sexmachine“ und Nähe zum Publikum, indem er als einziger von der Bühne hinabstieg und eine Dame mit einer Rose beglückte.
Zum Schluß folgte ein spektakuläres Finale, bei dem alle Künstler zusammen „Jingle Bells“, „He got the whole world in his hands“ und „Stille Nacht, heilige Nacht“ sangen, ehe sich der Vorhang nach 4,5 Stunden Programm endgültig schloss.
Unter den Gästen befand sich übrigens auch der singende Trucker Winni Biermann, der 2014 durch ein Youtube-Video große Bekanntschaft erreichte. Mittlerweile hat der LKW-Fahrer ein Album bei Sony aufgenommen, denkt aber nicht dran seinen geliebten Trucker-Job an den Nagel zu hängen.
„Man ist für sich allein, übernimmt Verantwortung und repräsentiert das Unternehmen“, erklärte mir Winni die Vorteile als Brummifahrer.
„Außerdem kann ich in Ruhe meine Lieder üben“. Sein Motto „Morgens im Truck, Abends im Frack“ könnte nicht passender gewählt sein,
Weiteres Highlight: In diesem Jahr konnten die Höhner als Komponisten des Unicef-Songs „Come, make a little step of peace“ gewonnen werden, bei dem die Kölner Musikgruppe den Refrain zusätzlich auf Kölsch singt. Für nur 10 Euro konnte die CD mit den insgesamt 16 Versionen des von Klein vertonten Textes direkt vor Ort erworben werden.