Saturn – Umtausch-Abzocke mit System? Wie man § 439 BGB Nacherfüllung umgeht
Alles fing ganz harmlos mit einem Einkauf bei Saturn an
Vor rund drei Wochen kaufte ich einen Tablet PC der Marke ASUS bei Saturn. Als bei dem Gerät nur eine Woche später eine Sicherung durchbrannte, ging ich zunächst von einem ganz einfachen Umtausch aus. Defektes Tablet und Kassenbon vorzeigen, neues mitnehmen. Damals ahnte ich noch nichts von dem Drama, dass sich dann wirklich ereignen sollte.
Statt Umtausch, gibt´s Reparatur – so interpretiert Saturn § 439 BGB Nacherfüllung
Doch wie ich von dem dortigen Angestellten Herrn T. erfuhr, handelt es sich bei meinem Vorgang nicht um einen Umtausch, der das Recht neue Ware zu erhalten, beinhaltet hätte. So erklärt er mir:
„Bei einem Umtausch können Sie Ware, die noch nicht ausgepackt oder benutzt wurde, zurückbringen und gegen andere Ware oder Bargeld austauschen. Ihr Gerät aber wurde benutzt und ist damit eindeutig von einem Umtausch ausgeschlossen.“
„Und was passiert nun mit meinem Tablet?“, frage ich nach.
„Den schicken wir zur Reparatur nach ASUS ein. Wir haben einen Vertrag mit dem Produzenten, der vorsieht, dass Geräte ab einem bestimmten Wert eingesendet werden müssen. Hätte es sich also um ein günstigeres Produkt gehandelt, hätte ich Ihnen das jetzt problemlos gegen ein neues austauschen können.“ Als ich erwidere, dass das Tablet erst eine Woche alt ist und der Mangel schon von Anfang an dagewesen sein muss, antwortet der Service-Mitarbeiter gelassen:
„Das ändert nichts an der Rechtslage. Laut § 439 BGB haben wir das Recht zur Nachbesserung. Sollte das Gerät danach nicht funktionieren, dürfen wir dieses sogar ein zweites Mal einschicken. Funktioniert es immer noch nicht, erhalten Sie ein neues Gerät oder Ihr Geld zurück. So ist das nun mal eben gesetzlich geregelt.“ Tja, was soll man dagegen schon großartig sagen, wenn man sich kaum mit der aktuellen Rechtslage auskennt.
Zwar kommt mir diese Aussage unverhältnismäßig nachteilig für den Käufer vor, aber auf meine Einwände erhalte ich stets dieselbe Antwort:
„Sie haben das Gerät benutzt, also gelten keine herkömmlichen Umtauschregeln mehr.“ Dabei erklärt er mir ausführlich die Unterschiede zwischen dem stationären Handel und dem Internet:
“ Während im Internet das 14-tägige Rückgaberecht ohne Angaben von Gründen gilt, ist man als Kunde beim stationären Handel auf die Kulanz des Händlers angewiesen. Wir von Saturn sind da besonders großzügig, indem wir eine Frist von zwei Wochen anbieten.“ Offensichtlich kennt sich der Verkäufer sehr gut mit dem Gesetz aus. Widerwillig stecke ich den Reparaturschein ein und verlasse den Technik-Riesen.
Zurück auf der Arbeit erzähle ich Kollegen von diesem Dilemma. Und zum Glück gibt es darunter eine Mitarbeiterin, die sich genau mit diesem Thema zur Zeit im Abendstudium befasst. Bereits wenige Tage später erhalte ich von Marina G. dieses fundierte Feedback:
„Ich habe meinem Professor Deine Lage geschildert. Komischerweise ist ihm genau dasselbe bei Saturn passiert. Erst als er auf sein Recht zur Lieferung einer mangelfreien Sache bestand, gab man ihm schließlich Neuware heraus.“ Da habe ich mich ja ganz schön billig bei Saturn abspeisen lassen, denke ich.
Denn tatsächlich lautet § 439 BGB Nacherfüllung folgendermaßen:
(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.
Das Gesetz sagt ganz klar, dass ich allein darüber entscheiden kann, ob ich lieber eine Reparatur veranlassen oder Neuware erhalten möchte. Gerade die zweite Möglichkeit hatte mir Herr T. von Saturn durch Behauptung falscher Tatsachen verweigert.
Mit vereinten Kräften zu Saturn – Einforderung von § 439 BGB Nacherfüllung
Wäre die Reparatur zeitnah erfolgt, hätte ich mir kaum den Stress freiwillig angetan nochmals mit dem Saturn-Service zu diskutieren. Doch als ich nach 8 Tagen immer noch kein Feedback erhalte, beschließen Marina und ich mit vereinten Kräften den Saturn auf der Königsallee aufzusuchen.
Dort schildere ich einem Service-Mitarbeiter die Lage:“ Guten Tag, ich würde gern entweder mein Gerät aus der Reparatur wiederhaben oder ein neues Gerät erhalten. Und laut § 439 habe ich absolut Recht dazu.“ Der Angestellte ruft seinen Chef herbei, dem ich erneut die Situation erkläre, während Marina sich verdeckt hält.
Der hagere Hüne P. bestreitet meine rechtlichen Ansprüche, obwohl ich ihm diese schwarz auf weiß vorzeige:
„Wir haben das Recht die Ware einzusenden.“, wiederholt er eins zu eins die Worte seines Vorgängers letzte Woche, „und wenn wir feststellen sollten, dass Sie den Schaden verursacht haben, dann gelten nochmal andere Regeln.“
„Das Gerät ist erst 7 Tage alt gewesen und wies von Anfang an Probleme mit dem Laden auf. Das ist hundert Prozent nicht meine Schuld. Aber Tatsache ist, dass ich es nicht zur Reparatur geben wollte, sondern ein neues Gerät haben wollte. Und dieses Recht fordere ich nun ein.“, bleibe ich hartnäckig.
„Ihre Problematik klingt nach einem selbstverursachtem Wasserschaden, “ versucht er mich einzuschüchtern.
Nun mischt sich Marina ein:
„Sie haben gar kein Recht so zu reden. Ich habe mir das jetzt lange genug angehört und verlange, dass Sie ein mangelfreies Gerät rausgeben.“ Die Souveränität meiner Kollegin scheint den blonden Riesen zu verunsichern. Er zögert, schaut auf seine Uhr und wendet schließlich den Blick ab:
„Ich habe gleich einen Termin und keine Zeit mehr mich damit zu beschäftigen.“ Zu seinem Kollegen gewandt sagt er endlich:“ Machen Sie einen Umtausch und dann fertig.“ Kurz nach seinem übereilten Verschwinden, halte ich bereits ein neues Tablet-PC in den Händen.
Saturn Umtausch-Abzocke mit System?
Ob ich auch ohne tatkräftige Unterstützung meiner juristisch geschulten Kollegin das Verbraucherrecht durchgesetzt bekommen hätte? Zahlreichen Internet-Foren und Rechtsportalen nach zu urteilen, wohl kaum. Denn schon die Münchner Kanzlei IT-Recht hat ebenfalls mit diesem Abzock-System Bekanntschaft gemacht und schreibt dazu in dem Artikel Gewährleistung und Garantie bei Saturn – Rechtskenntnisse von einem anderen Stern: „Saturn scheint sich seine Verkäufer in der Unkenntnis darüber zu halten, dass der Käufer ein Wahlrecht über die Art der Nacherfüllung (Reparatur oder Neulieferung) hat. Dies wäre eine Strategie, die bei den meisten Kunden sicherlich erfolgreich ist aber gegen geltendes Recht verstieße.“